Ein grosser Humanist: Rodolfo Olgiati
Ein grosser Humanist: Rodolfo Olgiati (1905 – 1986)
Wir würdigen in diesem Buch neun Personen und Organisationen, die Gerechtigkeit und Frieden geschaffen haben. Rodolfo Olgiati ist einer von ihnen.
Zwei Jahre besuchte meine jüngste Tochter in Wien den «Kindergarten Schweizerspende» am Rande des Auer-Welsbach-Parkes in Sichtweite des Schlosses Schönbrunn. «Schweizerspende»? Noch nie gehört. Kurz darauf stiess ich im Rahmen der Recherchen für das Buch «Kinder auf der Flucht» im Sozialarchiv in Zürich auf den Nachlass von Rodolfo Olgiati (1905 – 1986) und dessen erschütternde Berichte aus den kriegszerstörten Städten Europas. Olgiati hatte sie als Leiter der «Schweizerspende» verfasst, einem vom Staat orchestrierten, aber finanziell ganz wesentlich aus der Bevölkerung gespiesenen Hilfsprogramm zur Linderung der Not im Europa der Nachkriegszeit. Aus diesen Mitteln, es waren nach heutigem Geldwert rund eine Milliarde Franken, wurde auch der Kindergarten Schweizerspende finanziert. Olgiati hatte mein Interesse wegen seines Engagements im Spanischen Bürgerkrieg geweckt, als er und seine Mitstreiterinnen und Mitstreiter mit der ausschliesslich aus Spenden finanzierten «Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Spanienkinder» zahlreiche Kinder aus dem umkämpften Madrid evakuierten und mit einer ganzen Kette von Suppenküchen elementare Nothilfe leisteten. Nach und nach spannte sich der weite Bogen eines Lebens auf, das Olgiati zu einem der grossen Schweizer Humanisten des 20. Jahrhunderts machte. Für ihn griff die reine Nothilfe viel zu kurz. Denn sie droht keine Probleme zu lösen, sondern diese gar noch zu zementieren, weil immer die Gefahr besteht, dass die, die helfen, sich zurücklehnen und dabei vergessen, dass es doch auch darum geht, die Not zu verhindern. Es ist der Punkt, an dem Gerechtigkeit geschaffen wird. So wurde Olgiati zu einem der Väter der Entwicklungszusammenarbeit. Dass ein Menschenleben zur Verwirklichung einer gerechten Welt nicht ausreicht, war ihm immer bewusst. «Aber wer sein Leben diesem Streben widmet, erreicht das Bestmögliche,» schrieb er 1975. Einer seiner Zeitgenossen, Hansjörg Braunschweig (1930 – 1999) meinte in einem Nachruf. «Weil Hoffnung heute so rar geworden ist, wollte ich an Rodolfo Olgiati erinnern.»
Sein Leben würde ich gerne in einem weiteren Buch erzählen.
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